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Wie du mit einem gebrauchten shortboard die richtige größe findest und vor fehlkauf schützt

Wie du mit einem gebrauchten shortboard die richtige größe findest und vor fehlkauf schützt

Gebrauchte Shortboards können ein echtes Schnäppchen sein — und oft auch ein Lehrstück in Demut, wenn man die falsche Größe erwischt. Ich habe schon Boards gekauft, die sich beim ersten Take-off wie ein zu schwerer Rucksack angefühlt haben, und andere, die mir sofort in die Hosentasche zu passen schienen. Aus diesen Erfahrungen habe ich eine Checkliste gebaut, die ich hier mit dir teile, damit du bei Second-Hand-Shortboards seltener daneben greifst.

Warum ein gebrauchtes Shortboard anders beurteilt werden muss

Ein Shortboard sieht auf Fotos oft besser aus, als es sich später anfühlt. Dellen, Reparaturen, veränderte Rocker-Profile oder abgescheuerte Rails beeinflussen das Fahrverhalten stärker als bei größeren Boards. Außerdem kann das Volumen durch Reparaturen verloren gehen oder das Board wurde von einem viel schwereren Fahrer in Form gebracht. Deshalb reicht ein Blick auf das Deck nicht — du musst messen, fühlen und nachfragen.

Worauf ich zuerst achte: Maße und Volumen

Die Basis jeder Entscheidung sind Länge, Breite, Dicke und das Volumen (Liter). Viele Inserate nennen nur Länge und vielleicht die Marke. Ich frage sofort nach allen Maßen oder bitte um ein Foto vom Stabmaß (Ruler) auf dem Boarddeck.

Wenn die Literangabe fehlt, kannst du sie oft mit Online-Rechnern (z. B. shaper-tools oder Surf-Forecast-Tools) abschätzen — aber das ist nur ein Startpunkt. Zwei Boards mit gleichem Volumen können sich völlig unterschiedlich anfühlen, abhängig vom Rocker, der Rails und der Displacement-Nose.

Rocker & Outline: unterschätzte Entscheidungsfaktoren

Der Rocker (Biegung in Längsrichtung) bestimmt, wie das Board durch Wellen geht. Ein flacher Rocker gibt Frühstart- und Gleiteigenschaften, ein starker Rocker erleichtert Turns und steilere Wellen. Ich vergleiche den Rocker des gebrauchten Boards mit meinem Referenzboard — das mache ich, indem ich das Board flach auf einen Tisch lege und die Sohle von der Nose bis zur Tail fotografiere oder mit der Hand den Verlauf spüre.

Die Outline (Silhouette) beeinflusst, wieviel Surface Area in Nose und Tail steckt. Ein breiteres Tail gibt mehr Stabilität beim Pumpen, ein schmaleres Tail mehr Release in schnellen Turns. Wenn ich vor allem kleine Wellen surfe, bin ich bei gebrauchten Boards eher bereit, ein etwas breiteres Tail zu akzeptieren.

Rails, Sohle und Fin-Boxen: Details, die du nicht ignorieren darfst

  • Rails: Weiche, abgerundete Rails vergeben Fehler und sind gut für Einsteiger oder kleinere Wellen. Scharfe Rails sind schneller, aber auch unforgiving. Ich streiche mit dem Daumen entlang der Rails und schaue auf abgefahrene Stellen oder unsaubere Repairs.
  • Sohle (Bottom): Single- oder double concave sind fein zu prüfen. Beschädigungen in der Sohle können das Wasserverhalten stark beeinflussen. Kleine Dellen sind normal; tiefe Druckstellen im Glas sind ein Warnsignal.
  • Fin-Boxen: Broken Fin-Boxes sind häufiger als gedacht. Ich prüfe jede Box auf Risse, Resins, und frage, ob originale Finnen dabei sind. Für Futures-Boxen ist ein intakter Einsatz wichtig — der Austausch ist möglich, aber oft teuer.

Reparaturen: akzeptabel oder Dealbreaker?

Gebrauchte Boards haben in der Regel Reparaturen. Ich unterscheide zwischen kosmetischen Reparaturen (kleine Dings schön versiegelt), strukturellen Reparaturen (Faserbruch, poröse Stellen) und unsachgemäßen Reparaturen (Billig-Patches, unregelmäßige Glas-Overlays).

Ein professionell gemachter Repair ist in Ordnung, manchmal sogar besser als viele kleine DIY-Flickereien. Wenn das Board an der Nose oder im Tail viel repariert wurde, frage nach, ob die Reparaturen Kernschäden überdecken. Ich bestehe auf Fotos vor und nach dem Repair und lasse mir den Verkäufer beschreiben, wie alt die Reparatur ist und wie das Board seitdem gehalten hat.

Passform: Wie du deine ideale Größe bestimmst

Ich gehe dabei von meinem aktuellen Surf-Level, Gewicht, den üblichen Bedingungen und meinem Ziel für das Board aus. Als Faustregel nutze ich mein Gewicht plus Erfahrungsgrad:

ErfahrungGewicht niedrig (50–70 kg)Gewicht mittel (70–85 kg)Gewicht hoch (85+ kg)
Einsteiger / Longboarder umsteigen7'0–7'66'6–7'26'2–6'10
Fortgeschritten (will shortboarden)6'0–6'65'8–6'25'6–6'0
Ambitionierter Surf (wettkampf, steile Wellen)5'6–6'05'4–5'105'2–5'8

Diese Tabelle ist nur ein Richtwert. Das Entscheidende: Wie fühlt sich das Board beim Paddeln? Wenn du das Board probeweise auf den Knien paddeln kannst, sollte es stabil wirken und nicht kegelig sinken. Beim Aufstehen sollten deine Füße genügend Fläche haben, ohne das Tail sofort zu überpumpen.

Probe fahren: meine Test-Session-Checkliste

  • Wenn möglich, fahr das Board im Wasser. Einmal richtig paddeln, ein paar mal Take-off und ein Turn.
  • Achte auf Early-Take-off: Lässt es sich leicht zum Gleiten bringen?
  • Stabilität beim Pop-up: Fühlt sich das Board direkt nervös an?
  • Responsivität beim Bottom- und Topturn: Dreht es wie gewünscht oder wirkt es schwammig?
  • Noise/Knacken: Beim Gewichtwechsel dürfen keine ungewöhnlichen Geräusche entstehen.

Praktische Verhandlungstipps

Kenntnis ist Verhandlungsmacht. Wenn du dokumentierte Reparaturen, fehlende Finnen oder unklare Volumenangaben findest, nutze das beim Preis. Sei fair: Gute Besitzer pflegen ihre Boards, dafür zahlt man. Aber überhöhte Preise für sichtbare Mängel sind nicht akzeptabel.

Bei internationalen Marken (z. B. Channel Islands, HaydenShapes, JS) kannst du online vergleichbare Modelle finden und Preise abgleichen. Wenn das Inserat älter ist, frag nach, warum das Board noch verfügbar ist — oft ein Indiz für versteckte Probleme.

Worauf ich bei besonderen Marken oder Shapes achte

Ein Slater Designs oder Firewire-Shape hat oft spezifische Charakteristika: bestimmte Rocker-Lines oder spezielle Stringer. Wenn du ein Modell gut kennst, kannst du Veränderungen leichter herauslesen. Bei Custom-Shapes ist es noch wichtiger, den Shaper und Alter zu kennen — manche Custom-Boards verlieren schneller Form.

Bei Softtop- oder Epoxy-Boards prüfe ich die Verbundstellen. EPS-Cores können bei unsachgemäßen Repairs Wasser ziehen — ein klares No-Go.

Letzte Tipps vor dem Kauf

  • Bestehe auf mehreren Fotos (Deck, Sohle, Rails, Fin-Boxen, Nose/Tail, Reparaturen).
  • Frag nach dem Gewicht des Vorbesitzers und seinem Fahrstil — das hilft einzuschätzen, wie das Board geformt wurde.
  • Wenn möglich: Bring eine Waage mit oder wiege das Board beim Verkäufer; ein zu leichtes oder zu schweres Board kann ein Hinweis sein.
  • Verhandle die Übergabe so, dass du das Board im Wasser testen kannst — oft entscheiden ein paar Wellen mehr.

Gebrauchte Shortboards sind ein Balanceakt zwischen Risiko und Chance. Mit gezielten Fragen, scharfem Blick für Reparaturen und einer klaren Vorstellung von deinem Surf-Level kannst du ein Board finden, das perfekt zu dir passt — ohne Fehlkauf. Und wenn du dir unsicher bist, schreib mir gern Fotos und Maße; ich schaue mir jede Anzeige an und gebe dir meine ehrliche Einschätzung.

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